Hat schon jemand sich die Zeit genommen und den 1400 Seitenroman "Die Wohlgesinnten" von Littell gelesen?
Er ist im Februar dieses Jahr in Deutschland erschienen, nachdem er in Frankreich geradezu wie eine Bombe eingeschlagen ist.
Es handelt vom zweiten WK aus fiktiver Erzählersicht eines hohen SS-Offiziers Namens Maximilian Aue.
Die Betonung liegt hierbei auf "aus Sicht des Täters" und ist genau deshalb sehr kontrovers im Land diskutiert worden, bis hin zum völligen Verriss des ganzen durch die "Zeit".
Es ist insofern auch ein Schmankerl für den reinen Historiker unter uns, so das es bei Brest beginnent erst im völlig zerstörten Berliner Tiergarten `45 endet.
Der Autor hat den Begriff "künstlerische Freiheit" wörtlich genommen und den Max Aue auch geradezu überall dabeisein lassen, was einer perfekten Chronik des ganzen gleichkommt.
Das Buch ist nichts für schwache Nerven, nicht nur weil man die Massenexekutionen in der Schlucht von Babij Jar nördlich Kievs genauso hautnah miterlebt wie das untergehen der sechsten Armee im Stalingrader Kessel, sondern weil es einem geradezu das Blut gefrieren lässt, wenn man 1400 Seiten nur aus Sicht des Täters dabei ist und sich ständig fragen muss, wie man nur sowas anrichten konnte...wie "krank" die eigentlich damals waren.
Nagut, soll ja keine Werbung werden, aber wenigstens ein kleiner Anstoss zu einem -meiner Meinung nach- geradezu richtigen Meilenstein der WK Literatur.
Moin, Moin.
Danke für den Tip, habe leider von dem Buch noch nichts gehört.
Klingt aber interessant / ich habs mir gerade bestellt, vielleicht werde ich nach der Lektüre darüber berichten.
Zumindest ist es "Pflicht" dieses Buch zu lesen, wenn man seinen Senf dazu geben will. Wo es ja heute üblich ist, über etwas zu urteilen was man gar nicht kennt, bzw. selbst gelesen hat.
Durchgelesen. So lang das Buch auch ist (1400 Seiten), so kurz meine Kritik:
Lesenswert, im Guten wie im Schlechten.
Ein interessantes, wenn auch nicht "gutes" Buch (nach meiner bescheidenen Meinung).
Empfehlenswert für alle die sich für die Thematik Einsatzgruppen, SD, Holocaust und Sicht der Täter interessieren.
Etwas nervig ist die konstruiert wirkende (homo)erotische Parallelgeschichte der Hauptfigur zum (z.Teil erfundenen) historischen Rahmen.
Offizielle Kritiken sind mehr als genug vorhanden, vom Verriss bis zum Lob des Romans.
auch gelesen... Jo´s "lesenswert" kann ich bedingt bestätigen. Gut, es ist ein Roman... aber die häufigen, ausserst langatmig auswuchernden homoerotischen Darstellungen sind schon mehr als sehr ermüdent und werten das Buch aus meiner Sicht stark ab (nichts gegen Homosexuelle aber das Thema wird hier arg und bis an die Grenze des erträglichen überstrapaziert)... keine Ahnung was der Autor damit bezweckte bzw. verarbeiten wollte...
andererseits bietet das Buch eine Menge sehr interessanter und aufschlussreicher Einblicke und Details in mögliche (! ist ja ein Roman) Denkweisen der Beteiligten der NS-Kriegsverbrechen...
Wirklich neu war für mich z.B. die nicht minder entsetzliche Darstellung, dass Sondereinsatzkommandos (T4?) auch dafür eingesetzt wurden, Schwerstverwundete bzw. Verstümmelte aus den eigenen Reihen heimlich zu vernichten. Ist das eine Tatsache? Hat jemand dazu nähere Informationen?
Also ich fand die Sache mit dieser speziellen Einsatzgruppe auch sehr gruselig und es zeigt die besondere Perversion dieses Systems bzw. dessen oberster Führung.
Die haben sich nämlich einen Scheißdreck um ihre Soldaten und Bürger Deutschlands geschert, sondern immer nur ihren Großdeutschen Phantasien nachgeträumt, bis zu dem Punkt, als eine immer offensichtlicher werdende Niederlage erkennbar wurde und sie sich gegen Hitler wandten…-dies wird uns heut als „Widerstand“ des 20.Juli verkauft.
Und auch die so oft genannten „homoerotischen“ Phantasien des Max Aue haben offensichtlich einigen –hier im Forum- den Appetit gehörig versaut, aber ist es nicht auch eine sehr widersprüchliche und scheußliche Fratze des Systems, die uns damit offenbart wird?!
Denn nichts war schlimmer in diesem Staate der Auserwählten edlen „Ritter“ und mutigen „Verfechter“ des Urgedankens der Thule Gesellschaft, als „homo“ zu sein –nur noch der Jude-.
Aber ein „Homo“ im Herzen eines Verbrechers, eines Verbrechers, der ebendiese reihenweise mit präzisem Genickschuss unter die Erde brachte,…das ist doch wirklich bizarr.
Es gibt wenige bis gar keine Informationen über diese „spezielle“ Einsatzgruppe, aber wisst ihr was?!...- ich würde es nicht länger hinterfragen, sondern mir einen Reim darauf machen.
Denn es passt, es passt wie ein Puzzleteil ins „Große“ und obwohl abscheulich, ist es auch logisch, die Schwachen wurden eben „aussortiert“,- warum nicht auch in den eigenen Reihen.
Am Ende bleibt nur die Frage offen, ob sie ihnen wohl vorher die Gürtelschnalle mit der Aufschrift „Gott mit uns“ abgenommen haben[…]